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Montag, 11. Oktober: Melsungen - Verdun - Reims Mit ein wenig Verspätung begann meine Reise auf gewohntem Terrain, der A 7 und der A 5. Nicht ahnend, was verkehrstechnisch noch auf mich zukommen würde, fuhr ich also gegen halb acht los. Bis zum Gambacher Kreuz ging alles gut. Doch danach war es bis zum Kreuz Alzey fast eine durchgängige Verkehrsbehinderung; Baustellen und Unfälle wechselten sich regelmäßig ab. Dann folgten noch ein Unfall bei Kaiserslautern und eine elend lange Baustelle bei Metz. So kam ich letztlich 90 Minuten später als geplant am ersten Zwischenstopp in Verdun an. Verdun als Frontstadt im Ersten Weltkrieg hatte eine besondere strategische Lage und war daher besonders schwer im Stellungskrieg umkämpft. Dieses einmal selbst zu sehen, hat mich schon länger gereizt. Daher stand für mich außer Frage, was ich mir auf dem Weg in die Bretagne zuerst ansehe. Los ging es in der Innenstadt mit der unterirdischen Zitadelle. Diese ist eine Festung, der man von außen ihre Größe nicht ansieht. Am Ende des Krieges waren es schließlich 7 km Tunnel, die unzähligen Soldaten Schutz gaben und alle Einrichtungen enthielt, um die Truppe versorgen zu können (Bäckereien, Krankenstationen). Die Führung ist interessant gestaltet. Man muss sich einfach nur in eine kleine Elektrobahn setzen und zuhören. Spannend! Danach schaute ich mir ein wenig die Stadt selbst an. Sehr malerisch, obwohl nach dem Krieg viel wieder aufgebaut werden musste. Die Kathedrale ist vom Baustil her sehenswert, leider ist das daneben liegende Friedensmuseum montags geschlossen. Ja, und dann ging es in den Wald. In den Bergen nördlich von Verdun verlief die Frontlinie, die sich mal hundert Meter zugunsten der Alliierten und mal hundert Meter zugunsten der Deutschen verschob. Vor gut 100 Jahren war die Gegend nicht so dicht bewaldet. Der schöne Wald verdeckt die Narben, die der Krieg gerissen hat, denn nach dem Krieg waren neun Dörfer nicht mehr bewohnbar. Es wäre wegen der vielen Munitionsreste einfach zu gefährlich gewesen, die Menschen dorthin zurückkehren zu lassen und Landwirtschaft zu betreiben. Die Natur eroberte die Landschaft, doch überall im Wald verstreut finden sich Mahnmale und Gedenkstätten, wo die Erinnerung an diesen verlustreichen Krieg hochgehalten wird. Um alles in Ruhe anzusehen, braucht man mehrere Tage, so konzentrierte ich mich auf zwei Stellen. Zuerst fuhr ich zum Beinhaus von Douaumont, dem wohl imposantesten Mahnmal in Frankreich. Auf einer Anhöhe thront ein sehr langes Gebäude, das von einem 42 m hohen Turm überragt wird. Im Erdgeschoss wird die Erinnerung an namentlich bekannte Gefallene hochgehalten, deren Knochen mutmaßlich hier beigesetzt sind. Im Keller, durch verschiedene Fenster sichtbar, wurden die Knochen von 130.000 Soldaten aller beteiligten Nationen zur letzten Ruhe gelegt. Es lohnt sich, das Ticket für Turm und Filmvorführung zu lösen. Vom Turm hat man eine hervorragende Rundumsicht über das gesamte Schlachtfeld. Die Filmvorführung im Keller macht einmal mehr die Schrecken des Krieges deutlich. Beklemmend ist es, weil Wand an Wand mit dem Vorführraum die Knochen liegen. Zu Füßen des Gebeinhauses liegt der bekannte Soldatenfriedhof für Tausende Soldaten, deren Leiche man direkt dem Namen zuordnen konnte. Hier war es auch, wo seinerzeit Kohl und Mitterand Hand in Hand standen. Auf dem Weg zur Autobahn habe ich noch in einem der aufgegebenen Dörfer Halt gemacht. Keine dörfliche Struktur ist mehr erkennbar. Jahrzehnte nach dem Krieg wurden die Grundstücksgrenzen und Straßenverläufe markiert sowie möglichst jedes ehemalige Haus beschrieben. Allen Dörfern ist gemein, dass sie nie ihren Status als Gemeinde verloren haben. Auch heute noch hat jedes dieser Dörfer einen eigenen Bürgermeister. Nach diesem Stopp ging es weiter nach Reims. Zuerst fuhr ich zum Hotel außerhalb. Gerade komme ich von einem nächtlichen Rundgang zurück. Eine schöne Stadt, erinnert mich aber ein wenig an Kassel: Leere Straßen, Straßenbahnschienen in der Fußgängerzone und die Bürgersteige wie hochgeklappt. Nur mit viel Glück habe ich einen kleinen Grill gefunden, der Hamburger in Chevy-Qualität bereitet. Die Alternativen wären Döner und das große M gewesen. Das musste nun wirklich nicht sein… |
Erstellt am: 10.10.2010
Letzte Änderung: 17.12.2010 |
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